Donnerstag, 9. April 2015

Im Klassenzimmer: Demütigungen als Strafe

Nachdem ich in meinem letzten Post von einem "Gefühl der Ohnmacht" gesprochen habe, wollte ich heute an einem Beispiel schildern, was ich damit meine:

Das Ereignis das mich heute beschäftigt, ist ein Paradebeispiel für das gestörte Schüler-Lehrer-Verhältnis, welches leider an meiner Schule herrscht.
Schüler, die Lehrer kritisieren oder Forderungen stellen, werden nur zu oft vor der ganzen Klasse systematisch aufs Glatteis geführt oder in eine außenseiter Position gedrängt:
Das heutige Beispiel ist trotzdem ein Härtefall.


In einer Deutscharbeit hatten viele Schüler der betreffenden Klasse die Anredepronomen recht häufig falsch geschrieben. Schüler bei dehnen sich die Fehler gehäuft hatten, hatten die Wahl entweder eine Extrastunde zum Üben in der Schule zu bleiben, oder Frau SZ. einen Brief zu schreiben.
In diesem Brief sollten sie Frau SZ. mitteilen, ob und wie sie mit ihrer Arbeit als Klassenlehrerin zufrieden sind.

Ein Schüler (im Weiteren Max genannt), der bereits im Vorfeld einige Diskrepanzen mit Frau SZ. gehabt hatte, kritisierte sie ziemlich heftig. Er schrieb, dass er die Art wie sie mit der Klasse umgehe, für nicht in Ordnung halte. Er komme mit ihr persönlich auch nicht gut zurecht, und er wolle sie aus diesen Gründen im nächsten Schuljahr auch nicht mehr als Klassenlehrerin haben. Seine Ausdrucksweise war dabei sicher nicht die Feinste.

Er verwendete auch einige Kraftausdrücke und brachte sehr deutlich zum Ausdruck, dass er ihren Unterricht Wort wörtlich scheiße finde. (Verdenken kann ich es ihm, auf Grund persönlicher Erfahrungen, nicht)

Im nächsten Klassenrat zog Frau SZ. dann prompt die recht fragwürdigen Konsequenzen.

Frau SZ.: "Also der Max hat mir einen Brief geschrieben. Max darf ich ihn vor der Klasse vorlesen?"

Max: "Nein bitte nicht."

Frau SZ.: "Nein, nein ich finde der sollte vorgelesen werden!"

Max: "Nein bitte nicht - bitte lassen sie es Frau SZ. - ich möchte das nicht!"

Frau SZ.: "Nein, ich lese ihn jetzt vor der Klasse vor!"

Sie hat ihn vorgelesen. Egal mit welcher pädagogischen Intention sie gehandelt hat, sich so über den Ausdrücklichen Willen eines Schülers hinwegzusetzen ist einfach respektlos. Ich kann es eigentlich immer noch nicht fassen, dass sie das tatsächlich gemacht hat.

Weiter im Text:

Sie legte den Brief in die Mitte des Stuhlkreises:

Frau SZ.: "Ja Leute was sagt ihr jetzt dazu?"

Schweigen - die Klasse war erstmal baff und wusste auch gar nicht wie sie mit der Situation umgehen sollte.

Nach anfänglichem Zögern meldeten sich einige Schüler:

"Ja Max; was du da geschrieben hast war schon nicht in Ordnung. So kann man des eigentlich nicht schreiben mit dem ganzen Scheiße und so"

Trotzdem war der Klasse nicht klar, was Frau SZ. eigentlich von ihnen wollte.

Maria: "Frau SZ.  - was wollen sie jetzt eigentlich von uns? Wollen sie, dass wir den Inhalt bewerten? Wollen sie, dass wir die doch recht derbe Grammatik bewerten? Sollen wir unsere Meinung zu diesem Thema sagen - ob wir sie nächstes Jahr auch wieder als Klassenlehrerin haben wollen? Wollen sie wissen ob wir Max zustimmen? Was wollen sie von uns?"

Frau SZ.: "Maria - ich will einfach eure Meinung dazu hören."

Maria: "Also grundsätzlich Frau SZ., stimme ich dem Max zu. Ich sehe das relativ genauso wie er und ich verstehe nicht ganz, wieso sie diesen Brief vorgelesen haben. Sie hätten uns auch so fragen können, ob wir sie nächstes Jahr noch als Klassenlehrerin haben wollen. Sie hätten Max jetzt nicht so vor der Klasse bloßstellen müssen."

Max war in der zwischen Zeit zu einem krebsroten Häuflein Elend, auf seinem Stuhl zusammengesunken.

Inzwischen kritisierte die Klassen, angestachelt von Frau SZ., Max weiter.

Maria: "Wenn das Max´ Meinung ist, dann ist das Max´ Meinung!"

Danach ließ Frau SZ. Maria praktisch gar nicht mehr zu Wort kommen. Sie trieb Max immer weiter in die Enge. Sie fragte ihn mehrfach, ob es in Ordnung gewesen sei diesen Brief zu schreiben. Max war inzwischen noch röter und wusste überhaupt nichts mehr zu sagen.

Maria: "Frau SZ. - an sich denke ich, dass es in Ordnung war, dass er diesen Brief geschrieben hat. Er hat seine Aufgabe erfüllt und lediglich seine Meinung geäußert. Manches hätte man anders formulieren können aber an sich war es richtig. An sich war daran nichts verwerflich."

Am Ende fragte Maria erneut, warum Frau SZ. diesen Brief jetzt vorgelesen hätte und warum sie das Thema nicht normal ansprechen könne. Sie fragte warum sie Max jetzt durch die Kommentare der Klasse dafür bestrafe, dass er diesen Brief geschrieben hatte.

Frau SZ.: "Maria das mache ich doch gar nicht."

Maria: "Aber sie wollten doch, dass wir im Prinzip darüber urteilen, ob das was Max gemacht hat, gut oder schlecht war."

Damit war das Thema gegessen  - man kann sich denken, dass Frau SZ. Maria danach noch mehr auf dem Kicker hatte als davor.
Im Nachhinein stellte sich dann heraus, dass die Klasse durchaus auf Max´ Seite gewesen war. Die meisten hatten aber, aus offensichtlichen Gründen, Angst gehabt gegen Frau SZ. den Mund auf zu machen.

Was sich da abgespielt hat war sicher relativ extrem. Im Kern läuft es an unserer Schule aber ständig so. Wenn wir Schüler versuchen Lehrer dazu zu bringen mit ihrem Unterricht etwas auf unsere Bedürfnisse einzugehen, oder wir sie nur Fragen, ob wie ein bestimmtes Thema noch etwas vertiefen könnten - sie reagieren oft gleich: Sie versuchen den entsprechenden Schüler vor der Klasse vorzuführen und ihn am besten noch unbeliebt zu machen.

Genau solche Situationen meinte ich, als ich in meinem letzten Post meiner Direktorin dieses "Klima der Ohnmächtigkeit" beschrieb.
Nur die wenigsten vertragen so eine oben beschriebene Klatsche auch nur einmal - geschweige denn mehrmals.
Vor solchen Reaktionen haben die meisten meiner Mitschüler Angst.

Man kann gegen solches Verhalten nicht viel machen - besonders wenn man erkennen muss, dass nicht einmal die Direktion Wert darauf legt wie es uns geht.

Ich hege trotzdem die Hoffnung, dass irgendwann eine Lawine anrollt und immer mehr Schüler über die strapaziösen Abläufe in unserem Schulsystem sprechen - damit sich vielleicht doch irgendwann etwas ändert.



PS: Bei Frau SZ. handelt es sich übrigens um die Lehrerin, die meine Schwester, wie HIER beschrieben, wegen ihren Fehltagen und Zugausfällen, unter Druck gesetzt hatte.

*Alle Namen von Schülern und Lehrern sind natürlich wieder abgeändert - der Artikel basiert auf von mir aufgezeichneten Schilderungen der betroffenen Schüler

 

Montag, 6. April 2015

Aus dem Schulalltag: Gefühlskälte im Rektorat

Der Erdkunde-Vierstünder hat Freistunde und friert sich in der Aula den Allerwertesten ab. Wir spielen UNO. Unsere Rektorin kommt vorbei und spricht uns an. Wir bekommen das selbe blöder Gelaber zu hören, dass wir uns immer von ihr anhören müssen, wenn wir Kartenspielen.

"Hallo Leute - na spielt ihr Strippoker?"

  -Wir sind nicht mehr geschockt - wir wissen schon was kommt

"Ähhh nein..."

"Aber ihr spielt doch sicher um Geld? Oder um Hausaufgaben oder Noten?"

"Nein...Wir spielen eigentlich nur zum Spaß und ums Gewinnen"

"Man seid ihr spießig. Das ist ja total langweilig - zu meiner Zeit ging das noch ganz anders zu"

Grmpf... Es ist ja nicht so, dass man nicht mal einen kleinen Spaß machen könnte. Aber sie labert wirklich jedes Mal solchen Scheiß an uns hin. Wie sollen wir eine Person respektieren, die sich so komisch verhält - sie weiß ja nicht einmal, dass 15 Punkte in der Kursstufe eine Eins-Plus bedeuten. Wie sollen wir eine Person ernst nehmen die zwar unser Abiturzeugnis unterschreiben soll, aber nicht mal weiß, was die abgedruckten Noten bedeuten.

Aber weiter im Text:

Sie erzählte uns, dass unsere Schule eine der letzten in B-W sei, die das schon seit 2004 im Bildungsplan vorgesehene, Doppelstundensystem noch nicht eingeführt habe. Dies sei ein wesentlicher Kritikpunkt der Fremdevaluation gewesen und unsere Schule sei nun gezwungen dieses System zum nächsten Schuljahr einzuführen.

Sie erklärte uns, dass die Lehrer nun angehalten seien, einen offenen, Kompetenz orientierten - an Doppelstunden angepassten - Unterricht zu gestalten.

Sie fragte uns, was wir von all dem hielten:

Ganz ehrlich... Wir Schüler sind von Doppelstunden nicht wirklich begeistert. Das liegt ganz einfach daran, dass eine große Mehrheit der Lehrer ihren Unterricht eben nicht an Doppelstunden anpasst. Das habe ich ihr dann auch gesagt:

"Mein Problem ist einfach, dass ich bisher nicht das Gefühl hatte, dass sich irgendein Lehrer sonderlich Mühe gibt, seinen Unterricht an Doppelstunden anzupassen. Aus den meisten Doppelstunden nehme ich viel weniger mit als aus Einzelstunden"

Sie hat uns nach unserer ehrlichen Meinung gefragt - und die hat sie bekommen. Wie sie mich daraufhin aber angefahren hat, das hat mich umgehauen. Da wir sie erst seit diesem Jahr haben, konnte ich sie bisher kaum einschätzen und wusste auch gar nicht was für ein Mensch sie ist.
In einem Ton der so zusammenstauchend war, dass ich am liebsten weggerannt wäre, hat sie mich angefahren: 

"Also mit Verallgemeinerungen wäre ich ganz vorsichtig junge Dame. Was du da sagst - ich wehre mich im allgemeinen gegen diese ganzen Verallgemeinerungen gegen Lehrer: `Lehrer sind eh alle faul` genauso hört sich das an was du gerade sagst - ich wäre an deiner Stelle vorsichtig mit dem was ich sage" 

OKAY - ich war erstmal sprachlos. Was ich gesagt hab, waren ja keine Beleidigungen - sondern einfach meine persönlichen Eindrücke. Sicher sind nicht alle Lehrer Doppelstunden-Alpträume, aber wenn die Mehrheit überwiegt, dann bleibt einfach ein negatives Gefühl hängen.
Meine Mitschüler brachten dann noch weitere Bedenken gegen das neue System vor. Sie hat uns samt und sonders nicht ausreden lassen - egal was wir gesagt haben, sie hat uns verbal völlig nieder getrampelt. 
Auf meinen Einwand, es sei unlogisch zuerst ein neues System einzuführen und die Lehrer DANACH auf entsprechende Fortbildungen zu schicken, ging sie gar nicht ein. Sie meinte nur, dass eine Mehrheit der Kollegen inzwischen auch für das neue System sein. Na super - wenn die Mehrheit entsprechend knapp ist, dann haben wir immer noch jede Menge Lehrer die es einen Scheiß interessiert, ob ihr Unterricht doppelstundengeeignet ist oder nicht. 

Schließlich wurde sie immer ärgerlicher und unwirscher - sie ließ uns kaum zu Wort kommen und mir war inzwischen schleierhaft, warum sie uns überhaupt nach unserer Meinung gefragt hatte, wenn sie sie doch augenscheinlich nicht hören wollte. Weil ich den Eindruck hatte, dass ich ihre Geduld mir gegenüber schon reichlich überstrapaziert hatte, hielt ich mich aus der Diskussion raus.  

Zum Schluss konnte ich aber meinen Mund dann doch nicht halten. Ich musste einfach loswerden, was mir schon so lange auf dem Herzen liegt:

"Frau Direktor; ich habe einfach den Eindruck, dass an dieser Schule ein ganz ungutes Klima herrscht. Wir Schüler müssen so viel schlucken und gerade wenn es um Probleme mit Lehrern oder der Vorbereitung auf Arbeiten geht, herrscht eine Mentalität der Ohnmacht. Wir haben einfach nicht das Gefühl, dass wir uns mit unseren Problemen an jemanden wenden können, den es interessiert. " 

Sie starrte mich ziemlich giftig an und legte dann genauso giftig los: 

"Dir ist aber schon klar, dass es an unserer Schule durchaus Möglichkeiten gibt? Da wären zum einen die Vertrauenslehrer und der Schulsozialpädagoge, die der Schweigepflicht unterliegen - oder der SMV-Vorstand. An die könntet ihr euch alle wenden sollte es mal Probleme geben. Man muss die Möglichkeiten halt auch nutzten und nicht nur hin stehen und meckern"

"Mir ist schon bewusst, dass es diese Möglichkeiten gibt. Nur habe ich das Gefühl, dass an unserer Schule die Mentalität herrscht, dass diese Möglichkeiten nichts bringen. Ich habe einfach das Gefühl, dass hier seit langem ein Geist gepflegt wird, bei dem die Schüler in einem ganz unguten Abhängigkeitsverhältnis zu den Lehrern stehen und das Gefühl von Machtlosigkeit haben. Gerade in den höheren Stufen löst diese Ohnmacht eine wahnsinnige Wut und Frustration aus. Wir fühlen uns einfach alleine gelassen - weil wir den Eindruck haben, dass niemand unsere Probleme ernst nimmt."  

"Ja - Ja das stimmt"  

OMG - Herr B., der dazugekommen war und mich die ganze Zeit angestarrt hatte, als wäre mir plötzlich ein drittes Auge gewachsen, hatte mir zugestimmt. Frau Direktor starrte jetzt wiederum ihn an, als wäre ihm ein drittes Auge gewachsen. Ich hätte in dem Moment vor Freude platzen können. Wenn ein Lehrer meinen Aussagen zustimmt, dann kann sie nicht mehr behaupten, es wären die subjektiven Ansichten einer einzelnen.  

Sie wendete sich recht säuerlich an uns, und beauftragte einen Mitschüler, der in der SMV ist, in seiner Stufe auf "Stimmungsfang zu gehen".  

Zuerst schwamm ich auf einer Euphorie-Welle, weil ich das Gefühl hatte gewonnen zu haben. Doch je länger ich über die Ereignisse nachdachte, desto niedergeschlagener wurde ich.

Ich habe hier natürlich bei weitem nicht das ganze Gespräch wiedergegeben; aber egal welche Bedenken wir einbrachten, sie versuchte immer uns die "Schuld" zu geben. Entweder weil wir nicht richtig nachdenken würden, weil wir uns nicht ausreichend informieren würden, oder schlicht weil wir keine Ahnung haben. Aber Unwissenheit ist doch in unserem Fall kein Verbrechen: Soll sie uns doch aufklären - und uns nicht einfach nur verbal niedermachen. 
Unsere Rektorin interessiert sich einen feuchten Dreck für uns. Als sie merkte, dass wir nicht ihrer Meinung sind, redete sie uns rücksichtslos nieder und ihr einziges Interesse bestand darin uns zu widerlegen - statt uns mal lieber wirklich zuzuhören. Sie hat nicht gefragt was das für Probleme sein könnten, mit denen wir uns an niemanden wenden können - sie wollte nur weiterhin Recht haben. Es war ihr nicht mal die Mühe wert bei meinen Mitschülern nachzufragen, ob sie es ähnlich sehen wie ich - weil es sie schlicht nicht interessiert. 

Ich habe selten eine Person getroffen, die so eine Kälte ausstrahlt. Ich war einfach geschockt. Besonders, da sie auf den ersten Blick so einen freundlichen und herzlichen Eindruck macht. Von dieser Herzlichkeit bleibt aber nur eine aggressive und rücksichtslose Strenge übrig, wenn man mit ihr nicht einer Meinung ist.

Das ist genau der Punkt der mir Angst macht - in einem Bildungssystem, in dem sich das Kultusministerium so wenig für die tatsächliche Lage der Schüler und Lehrer interessiert, ist eine Direktorin, die es genauso macht, eine gruselige Vorstellung.
 

Freitag, 3. April 2015

Fremd Evaluation: Eine Farce

Ich will heute nur erzählen. Im Hinblick auf einige kommende Posts war es mir einfach wichtig, von diesem Ereignis zu berichten, damit ich in Zukunft gegeben falls darauf eingehen kann.
Es geht um die Fremdevaluation, die letztes Jahr an unserer Schule durchgeführt wurde.

Eine Fremdevaluation bedeutet in Baden-Württemberg eine angekündigte Qualitätseinordnung der Schule. Die Zuständigen außenstehenden Personen besuchen in einem festgelegten Zeitraum den Unterricht verschiedener Lehrkräfte und befragen Schüler auf freiwilliger Basis. 
Der Zeitraum der sich über eine Woche erstreckt, ist den Lehrern und der Schule bereits Wochen oder gar Monate im Voraus bekannt. Dass Unterrichtsbesuche unter diesen Bedingungen keine realitätsnahen Ergebnisse bringen können, steht glaube ich nicht zur Debatte.

Darum geht es mir heute aber gar nicht - der für mich springende Punkt ist die Befragung der Schüler. Viele von uns waren im Vorfeld der Fremdevaluation relativ gespannt, da wir endlich eine Möglichkeit sahen, unsere Meinung an einen Mann zu bringen, den sie auch interessiert. Leider sah die Realität ganz anders aus:
Vorgesehen war, dass aus jeder Klasse zwei Schüler FREIWILLIG an einem Gruppen- oder 4-Personen-Interview teilnehmen. Es sollte gewährleistet werden, dass auch wirklich die Schüler zu Wort kommen die etwas zu sagen hätten. ABER PUSTEKUCHEN!!!

Aus meiner Klasse meldeten sich ich und ein weiterer Mitschüler - ich würde mal behaupten wir haben beide eine relativ klare, scharfe und vor allem unbestechliche Sicht auf die Realität und eine starke eigene Meinung, die wir auch vertreten. Unsere damalige Klassenlehrerin hielt viel von uns, und hatte uns daher für ein 4-Persoen-Interview eingetragen. 
Wie ich schon erwähnt habe, war Frau S. ein Ausnahmenfall an Engagiertheit und Fairness.


Für die meisten anderen Lehrer, sind solche Schüler ein Albtraum.  

Ich weiß leider NICHT, wer den Plan für die Befragungen erstellt hat: Unser Interview wurde jedenfalls völlig zufällig(wer´s glaubt wird selig) auf die beiden Stunden gelegt, in den wir eine Klassenarbeit hatten. Es war natürlich klar, dass das Interview so nicht stattfinden konnte.

Als wir uns an die Evaluatoren und unseren Rektor wandten, war das Interesse uns zu befragen gleich null. Den beiden Frauen die die Befragungen durchführten, schien es ganz recht zu sein, weniger Arbeit zu haben und im allgemeinen hat es keinen gejuckt, dass ein paar Meinungen einfach unter den Tisch gekehrt wurden.

Ich hab mich damals maßlos geärgert - ich hätte die Gelegenheit gerne genutzt, meine Sicht der Dinge an entsprechende Stellen heran zu tragen.  

Was ich aber aus anderen Klassen gehört habe hat mich noch viel mehr geärgert. Lehrer_innen bestimmten einfach die Schüler die zu den Interviews gehen sollten. Diejenigen die sich gemeldet hatten, weil sie unzufrieden waren, wurden einfach übergangen. Selbst wenn die Schüler die gehen sollten, eigentlich nicht wollten und gar keine Zeit hatten, durften die die sich freiwillig gemeldet hatten nicht gehen. 
Bis sich dieses Verhalten allerdings herumgesprochen hatte, war der ganze Spuk auch schon wieder vorbei.

So eine Evaluation wird nur alle 5-7 Jahre durchgeführt - an sich schon ein viel zu langer Zeitraum. Wenn sie dann aber auch noch eine einzige Farce ist, kann man es gleich knicken. 
Wir waren alle unheimlich frustriert über den Ausgang dieser Befragung. Wir kamen uns verarscht und betrogen vor - und ich war vor allem sauer. 

Unter solchen Umständen braucht man sich nicht wundern, dass eine politikverdrossene und ganz wie im Biedermeiner, nach innen gekehrte Jugendkultur herangezüchtet wird. Zwischen all der scheinbaren Mitbeteiligung in einer SMV, die eigentlich nur machen darf, was der zuständige Lehrer vorgibt und Lehrern die sich alle Mühe geben uns regelmäßig zu stutzen, hat man keine großen Wahlmöglichkeiten. 

Wann immer ich meine Mitschüler dazu animieren möchte auf die Barrikaden zu gehen, stoße ich entweder auf Resignation, Angst vor schlechten Noten oder eine abgestumpfte Gleichgültigkeit.

Ich will es nicht akzeptieren - verdammt noch mal! Aber keine will mitmachen, bevor er nicht sein Abi geschrieben hat.

Traurig - was das über unser Schulsystem aussagt...