Montag, 6. April 2015

Aus dem Schulalltag: Gefühlskälte im Rektorat

Der Erdkunde-Vierstünder hat Freistunde und friert sich in der Aula den Allerwertesten ab. Wir spielen UNO. Unsere Rektorin kommt vorbei und spricht uns an. Wir bekommen das selbe blöder Gelaber zu hören, dass wir uns immer von ihr anhören müssen, wenn wir Kartenspielen.

"Hallo Leute - na spielt ihr Strippoker?"

  -Wir sind nicht mehr geschockt - wir wissen schon was kommt

"Ähhh nein..."

"Aber ihr spielt doch sicher um Geld? Oder um Hausaufgaben oder Noten?"

"Nein...Wir spielen eigentlich nur zum Spaß und ums Gewinnen"

"Man seid ihr spießig. Das ist ja total langweilig - zu meiner Zeit ging das noch ganz anders zu"

Grmpf... Es ist ja nicht so, dass man nicht mal einen kleinen Spaß machen könnte. Aber sie labert wirklich jedes Mal solchen Scheiß an uns hin. Wie sollen wir eine Person respektieren, die sich so komisch verhält - sie weiß ja nicht einmal, dass 15 Punkte in der Kursstufe eine Eins-Plus bedeuten. Wie sollen wir eine Person ernst nehmen die zwar unser Abiturzeugnis unterschreiben soll, aber nicht mal weiß, was die abgedruckten Noten bedeuten.

Aber weiter im Text:

Sie erzählte uns, dass unsere Schule eine der letzten in B-W sei, die das schon seit 2004 im Bildungsplan vorgesehene, Doppelstundensystem noch nicht eingeführt habe. Dies sei ein wesentlicher Kritikpunkt der Fremdevaluation gewesen und unsere Schule sei nun gezwungen dieses System zum nächsten Schuljahr einzuführen.

Sie erklärte uns, dass die Lehrer nun angehalten seien, einen offenen, Kompetenz orientierten - an Doppelstunden angepassten - Unterricht zu gestalten.

Sie fragte uns, was wir von all dem hielten:

Ganz ehrlich... Wir Schüler sind von Doppelstunden nicht wirklich begeistert. Das liegt ganz einfach daran, dass eine große Mehrheit der Lehrer ihren Unterricht eben nicht an Doppelstunden anpasst. Das habe ich ihr dann auch gesagt:

"Mein Problem ist einfach, dass ich bisher nicht das Gefühl hatte, dass sich irgendein Lehrer sonderlich Mühe gibt, seinen Unterricht an Doppelstunden anzupassen. Aus den meisten Doppelstunden nehme ich viel weniger mit als aus Einzelstunden"

Sie hat uns nach unserer ehrlichen Meinung gefragt - und die hat sie bekommen. Wie sie mich daraufhin aber angefahren hat, das hat mich umgehauen. Da wir sie erst seit diesem Jahr haben, konnte ich sie bisher kaum einschätzen und wusste auch gar nicht was für ein Mensch sie ist.
In einem Ton der so zusammenstauchend war, dass ich am liebsten weggerannt wäre, hat sie mich angefahren: 

"Also mit Verallgemeinerungen wäre ich ganz vorsichtig junge Dame. Was du da sagst - ich wehre mich im allgemeinen gegen diese ganzen Verallgemeinerungen gegen Lehrer: `Lehrer sind eh alle faul` genauso hört sich das an was du gerade sagst - ich wäre an deiner Stelle vorsichtig mit dem was ich sage" 

OKAY - ich war erstmal sprachlos. Was ich gesagt hab, waren ja keine Beleidigungen - sondern einfach meine persönlichen Eindrücke. Sicher sind nicht alle Lehrer Doppelstunden-Alpträume, aber wenn die Mehrheit überwiegt, dann bleibt einfach ein negatives Gefühl hängen.
Meine Mitschüler brachten dann noch weitere Bedenken gegen das neue System vor. Sie hat uns samt und sonders nicht ausreden lassen - egal was wir gesagt haben, sie hat uns verbal völlig nieder getrampelt. 
Auf meinen Einwand, es sei unlogisch zuerst ein neues System einzuführen und die Lehrer DANACH auf entsprechende Fortbildungen zu schicken, ging sie gar nicht ein. Sie meinte nur, dass eine Mehrheit der Kollegen inzwischen auch für das neue System sein. Na super - wenn die Mehrheit entsprechend knapp ist, dann haben wir immer noch jede Menge Lehrer die es einen Scheiß interessiert, ob ihr Unterricht doppelstundengeeignet ist oder nicht. 

Schließlich wurde sie immer ärgerlicher und unwirscher - sie ließ uns kaum zu Wort kommen und mir war inzwischen schleierhaft, warum sie uns überhaupt nach unserer Meinung gefragt hatte, wenn sie sie doch augenscheinlich nicht hören wollte. Weil ich den Eindruck hatte, dass ich ihre Geduld mir gegenüber schon reichlich überstrapaziert hatte, hielt ich mich aus der Diskussion raus.  

Zum Schluss konnte ich aber meinen Mund dann doch nicht halten. Ich musste einfach loswerden, was mir schon so lange auf dem Herzen liegt:

"Frau Direktor; ich habe einfach den Eindruck, dass an dieser Schule ein ganz ungutes Klima herrscht. Wir Schüler müssen so viel schlucken und gerade wenn es um Probleme mit Lehrern oder der Vorbereitung auf Arbeiten geht, herrscht eine Mentalität der Ohnmacht. Wir haben einfach nicht das Gefühl, dass wir uns mit unseren Problemen an jemanden wenden können, den es interessiert. " 

Sie starrte mich ziemlich giftig an und legte dann genauso giftig los: 

"Dir ist aber schon klar, dass es an unserer Schule durchaus Möglichkeiten gibt? Da wären zum einen die Vertrauenslehrer und der Schulsozialpädagoge, die der Schweigepflicht unterliegen - oder der SMV-Vorstand. An die könntet ihr euch alle wenden sollte es mal Probleme geben. Man muss die Möglichkeiten halt auch nutzten und nicht nur hin stehen und meckern"

"Mir ist schon bewusst, dass es diese Möglichkeiten gibt. Nur habe ich das Gefühl, dass an unserer Schule die Mentalität herrscht, dass diese Möglichkeiten nichts bringen. Ich habe einfach das Gefühl, dass hier seit langem ein Geist gepflegt wird, bei dem die Schüler in einem ganz unguten Abhängigkeitsverhältnis zu den Lehrern stehen und das Gefühl von Machtlosigkeit haben. Gerade in den höheren Stufen löst diese Ohnmacht eine wahnsinnige Wut und Frustration aus. Wir fühlen uns einfach alleine gelassen - weil wir den Eindruck haben, dass niemand unsere Probleme ernst nimmt."  

"Ja - Ja das stimmt"  

OMG - Herr B., der dazugekommen war und mich die ganze Zeit angestarrt hatte, als wäre mir plötzlich ein drittes Auge gewachsen, hatte mir zugestimmt. Frau Direktor starrte jetzt wiederum ihn an, als wäre ihm ein drittes Auge gewachsen. Ich hätte in dem Moment vor Freude platzen können. Wenn ein Lehrer meinen Aussagen zustimmt, dann kann sie nicht mehr behaupten, es wären die subjektiven Ansichten einer einzelnen.  

Sie wendete sich recht säuerlich an uns, und beauftragte einen Mitschüler, der in der SMV ist, in seiner Stufe auf "Stimmungsfang zu gehen".  

Zuerst schwamm ich auf einer Euphorie-Welle, weil ich das Gefühl hatte gewonnen zu haben. Doch je länger ich über die Ereignisse nachdachte, desto niedergeschlagener wurde ich.

Ich habe hier natürlich bei weitem nicht das ganze Gespräch wiedergegeben; aber egal welche Bedenken wir einbrachten, sie versuchte immer uns die "Schuld" zu geben. Entweder weil wir nicht richtig nachdenken würden, weil wir uns nicht ausreichend informieren würden, oder schlicht weil wir keine Ahnung haben. Aber Unwissenheit ist doch in unserem Fall kein Verbrechen: Soll sie uns doch aufklären - und uns nicht einfach nur verbal niedermachen. 
Unsere Rektorin interessiert sich einen feuchten Dreck für uns. Als sie merkte, dass wir nicht ihrer Meinung sind, redete sie uns rücksichtslos nieder und ihr einziges Interesse bestand darin uns zu widerlegen - statt uns mal lieber wirklich zuzuhören. Sie hat nicht gefragt was das für Probleme sein könnten, mit denen wir uns an niemanden wenden können - sie wollte nur weiterhin Recht haben. Es war ihr nicht mal die Mühe wert bei meinen Mitschülern nachzufragen, ob sie es ähnlich sehen wie ich - weil es sie schlicht nicht interessiert. 

Ich habe selten eine Person getroffen, die so eine Kälte ausstrahlt. Ich war einfach geschockt. Besonders, da sie auf den ersten Blick so einen freundlichen und herzlichen Eindruck macht. Von dieser Herzlichkeit bleibt aber nur eine aggressive und rücksichtslose Strenge übrig, wenn man mit ihr nicht einer Meinung ist.

Das ist genau der Punkt der mir Angst macht - in einem Bildungssystem, in dem sich das Kultusministerium so wenig für die tatsächliche Lage der Schüler und Lehrer interessiert, ist eine Direktorin, die es genauso macht, eine gruselige Vorstellung.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen