Sonntag, 15. März 2015

Psychischer Druck bei Fehltagen: ein Bericht

Ich will mich heute einem Thema widmen, über das ich schon lange schreiben wollte. Es betrifft mich zwar nur indirekt, ist aber eines der grundlegendsten Probleme an meiner Schule. Aber gerade deshalb wusste ich lange nicht wie ich es anpacken sollt.
Ich habe mich jetzt entschieden einfach mal so zu erzählen was passiert ist und wie ich mich dabei so fühle - jeder soll sich seine Meinung selbst dazu bilden.

Es geht um die Frage, wie mit Schüler umgegangen wird die oft krank sind. WICHTIG! Sie schwänzen nicht - sie sind KRANK!  

Wahrscheinlich am meisten betroffen sind meine Schwester und der kleine Bruder eines Mitschülers. Bei haben auffällig hohe Fehlzeiten, da sie einfach gesundheitliche Probleme haben. Meine Schwester ist sportbedingt oft verletzt, hat im Frühling Asthma und Pollenallergie und ist auch sonst recht häufig krank. Der Bruder meines Mitschülers hat chronische Migräne.
Sie sind beide gute bis sehr gute Schüler und holen das Verpasste  nach. Ihre Mütter schreiben die vorschriftsmäßigen Entschuldigungen und liefern, falls nötig, Atteste vom Arzt.


Eigentlich könnte alles in Ordnung sein. Leider haben die beiden das Pech, jeweils an Klassenlehrerinnen geraten zu sein, die für Schwäche scheinbar null Verständnis haben. Sie werden von einigen ihrer Lehrer systematisch unter Druck gesetzt und geradezu gemobbt:
Bei meiner Schwester hat alles letztes Jahr angefangen. Ihre Klassenlehrerin wurde immer gereizter und ungeduldiger, wenn meine Schwester krank war. Sie setzte sie unter Druck und sagte zu ihr, dass sie ihre Fehlzeiten in den Griff kriegen solle. Sie rief auch bei meiner Mutter an und sagte ihr, dass es nicht ginge, dass ein Kind so viel fehlen würde. Ich hatte dieselbe Lehrerin auch in Bio, und jedes Mal wenn meine Schwester krank war, wurde ich minutenlang ausgefragt, warum sie denn schon wieder fehlen würde.
Obwohl sie immer sachgemäß entschuldigt war, schien sie zu glauben sie würde schwänzen.


Meine Schwester und ich haben beide einen Schulweg von mindestens 45 Minuten und müssen mit Bus und Zug zur Schule fahren - im Winter kommt es daher schon mal vor, dass wir zu spät sind. Obwohl meine Schwester immer eine Bestätigung der DB dabei hatte, wurde ihre Klassenlehrerin immer aggressiverer, wenn unser Zug Verspätung hatte. Wir fahren um 6:44 mit dem Zug los. Sie wollte trotzdem, dass meine Schwester in Zukunft mit dem früheren Zug um 6:18 fährt. Als sie versuchte ihr zu erklären, dass das viel zu früh sei reagierte sie gereizt und ließ nicht mit sich reden. Letztendlich ist meine Mutter eingeschritten und hat der guten Frau erklärt, dass sie so etwas nicht verlangen kann.  

Am Ende des Schuljahres stand trotzdem folgender Satz im Zeugnis meiner Schwester: "Maria* muss lernen regelmäßiger die Schule zu besuchen"  

HALLO!!!! Ich verstehe ihr Problem nicht. Es hört sich an, als wäre meine Schwester eine notorische Schulschwänzerin - dabei hat sie keinen Tag unentschuldigt gefehlt. Sie hätten ja schreiben können, dass sie viel krank war – hat sie aber nicht. So ein Kommentar ist einfach eine Unverschämtheit.

Aber es geht noch weiter: 

Neues Schuljahr, neue Klassenlehrerin, gleiches Problem. Natürlich war ihre neue Klassenlehrerin von der Alten schon auf das "Problem" meiner Schwester hingewiesen worden - und natürlich wurden ihre Fehltage im neuen Schuljahr nicht weniger.
Frau B (ihre neue Klassenlehrerin) kam auf meine Schwester zu und riet ihr, von ihrem Amt als Klassensprecherin zurückzutreten, sollte sie ihre Krankheitstage nicht reduzieren - sie würde auch erwägen sie zum Amtsarzt zu schicken.
BEVOR sie eine 13 Jährige dermaßen unter Druck setzt hätte sie ja mal bei meinen Eltern anrufen können um sie zu fragen warum sie so viel krank ist.


Meine Schwester kam komplett verstört und den Tränen nahe nach Hause und fragte meine Mutter völlig verzweifelt war ein Amtsarzt sei und was sie jetzt um Himmels Willen machen solle.  

Meine Mutter war verständlicher Weise ziemlich sauer und rief noch am gleichen Abend bei Frau B. an.  

Sie: "Ich finde es eine Unverschämtheit das Kind so unter Druck zu setzten. Solche Angelegenheiten bespricht man zuerst mit den Eltern und nicht mit dem Kind. Maria ist nun mal auf Grund ihres Sports und ihrer vielen Allergien sehr anfällig für Krankheiten. Ich will kein krankes Kind zwingen in die Schule zu gehen und sich unnötig zu quälen, das kann doch auch nicht in ihrem Interesse sein. Sie hat doch einwandfreie Noten, sie holt nach was sie verpasst - ich als Mutter entscheide, wann es meinem Kind so schlecht geht, dass es zu Hause bleibt - ich lasse sie ja nicht schwänzen.“
Laut meiner Mutter hat Frau B. darauf so ungefähr folgendes geantwortet:
 

Sie würde es nicht zulassen, dass die Schüler in ihrer Klasse auf Grund von Marias Fehlzeiten glauben würden, dass man in ihrer Klasse mit so etwas durchkäme. Sie behielte es sich vor in Zukunft den Amtsarzt einzuschalten und sie wäre von ihrer Mutter auch immer in die Schule geschickt worden egal wie schlecht ihr gewesen wäre - sie sei auch nicht gestorben. 

Super Argumentation - sieht man ja was für ein netter und einfühlsamer Mensch bei der tollen Erziehung ihrer Mutter rausgekommen ist.
Jedes Mal, wenn ich solche Geschichten höre, frage ich mich, was das eigentlich für Menschen sind, die auf uns da unterrichten.


Als meine Mutter daraufhin einen Termin bei unserer Direktorin machte, stritt Frau B alles ab und heuchelte Überraschung über den Ärger meiner Mutter. Sie wolle ja nur das Beste und überhaupt könne sie nicht verstehen warum sich alle so aufregen. Das hat mich tatsächlich umgehauen. Ich mochte sie zwar noch nie, aber ich hielt sie zumindest für eine Person, die für Gesagtes gerade steht.
Sie stritt aber alles ab, behauptete sie habe das Wort "Amtsarzt" nie in den Mund genommen und hätte auch nie zu ihr gesagt, sie solle als Klassensprecher zurücktreten. Für meine Mutter gäbe es keinen Grund sich aufzuregen. 


Ich war schlichtweg baff. Was kann man noch groß dazu sagen - was für schwachen und abgründigen Persönlichkeiten werden wir Schüler ausgesetzt. Ich verstehe schlicht das Problem dieser Lehrerinnen nicht. Wir haben genug Schüler an unserer Schule die schwänzen, rauchen, kiffen und ihre Mitschüler aufs Übelste mobben. Wir haben Schüler die im Unterricht unter Tränen zusammenbrechen und eine entsetzlich hohe Zahl an Schülerinnen die unter Essstörungen leiden - das sind Probleme. Warum können Kinder nicht krank sein. Solange ihre Noten nicht darunter leiden, und sie den Stoff ohne großes Tamtam nachholen sollte es kein Problem geben. Alles in allem hat Frau B dann aber mehr oder weniger Ruhe gegeben. 

Allerdings - die Geschichte meiner Schwester ist ein Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem was mein Mitschüler und seine Familie durchmachen müssen. Sein kleiner Bruder leidet unter solch starker Migräne, dass es an vielen Tagen nicht mal das abgedunkelte Zimmer verlassen kann. Er ist zum Glück ziemlich intelligent und schreibt trotzdem sehr gute Noten. Sie haben das ganze Prozedere schon X-Mal durch. Seine Mutter war mit ihm beim Kinderarzt, beim Amtsarzt, bei einem Spezialisten für Kopfschmerzen - alle bestätigten, dass er nicht simuliert. Trotzdem gab die Klassenlehrerin keine Ruhe - sie poche darauf, dass der Junge häufiger die Schule besuchen solle. Alle Kinder der Familie wurden in eine Art "Sippenhaft" genommen. Bei keinem der 3 Geschwister reicht bei einem gewöhnlichen Fehltag eine normale Entschuldigung mehr aus - es wir sofort ein ärztliches Attest verlangt und immer gleich drei oder viermal nachgefragt.

 -Ich komm einfach nicht darauf klar, was diese sogenannten "Pädagogen" für ein Problem haben. Alle drei Kinder sind ausnehmend gute wenn nicht sogar hervorragende Schüler - sie sind noch nie negativ aufgefallen und engagieren sich in der Schulgemeinschaft als Umwelt- und Klassensprechen. WARUM dürfen sie dann nicht krank sein?????? 

Noch abartiger ist das direkte Verhalten dieser "Pädagogen":
Hans*, war trotz starker Kopfschmerzen in die Schule gekommen um die Mathearbeit nicht zu verpassen und anschließend von seiner Mutter wieder abgeholt worden. Als er das Klassenzimmer verlassen hatte, hatte die Klasse Englisch:


Frau E zur Klassse: "Also ich glaub das mit dem Hans ja nicht mehr. Der ist doch nicht wirklich krank - ich bin mir sicher der schwänzt. Ich finde das eine Frechheit! Was meint ihr dazu?"

Ach du grüne Neune! Die gute Frau hat ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank (mal ganz salopp). So etwas zu einer achten Klasse zu sagen. Jeder der nur ein bisschen Ahnung von Schüler hat, kann sich denken, dass Kinder in so einem Alter sehr sensibel auf solche Themen reagieren. Da wird jeder der öfters mal fehlt missgünstig beäugt und rutscht schneller in den Hass-Fokus der Klasse als er gucken kann.
Eine Lehrerin - eine erwachsene Frau - sollte sich bewusst sein, was sie mit solchen Aussagen anrichtet. Ich kann auch nicht nachvollziehen wie sie zu solchen Aussagen kommt. Wenn Haus- und Amtsarzt nebst Spezialisten eine chronische Migräne bestätigen - was will sie dann?
Einen mit Schmerzmitteln vollgepumpten Zombie? Einen Schüler der ihr vor Schmerz ins Klassenzimmer kotzt? Was um alles in der Welt hätte sie davon...
 

Was sind das für Menschen? Sie scheinen nicht einen Moment innezuhalten und darüber nachzudenken, was ihr Verhalten für Folgen hat. Nicht einen Moment scheint es ihnen um das Wohlergehen der Schüler zu gehen - sie haben eigene, egoistische Gründe. Sie scheinen Angst zu haben, dass in ihrer Klasse jemand aus der Reihe tanzt - oder sie können es nicht ertragen, dass Schüler gute Noten schreiben, obwohl sie ihrer Unterricht verpassen.

 

Je länger ich über solche Sachen nachdenke umso wütender machen sie mich. Es ist so unfair, das unser Abitur und unsere Zukunft von der bloßen Willkür eines Menschen abhängt, der sich einen Scheiß für uns interessiert und ungefähr so viel Menschenkenntnis hat wie ein Backstein. 

Auch in meiner Stufe kommt und kam es vor, das Schüler wegen Fehltagen unter Druck gesetzt werden - wenn auch nicht in diesem extremen Rahmen. Ich meine damit auch EXPLIZIT und ganz zweifellos krankheitsbedingtes Fehlen - Schwänzen ist etwas anderes (wird aber erstaunlicher weise mehr oder weniger geduldet, wenn man es nicht übertreibt)
Zumindest an meiner Schule ist das Schüler - Lehrer Verhältnis von einer unseligen, einseitig ausgenutzten Abhängigkeit geprägt. Darauf noch weiter einzugehen würde den Rahmen dieses ohnehin sehr langen Posts sprengen - das werde ich in meinem nächsten tun.  

Was ich hier deutlich machen will, sind die Probleme dehnen wir Schüler tagtäglich begegnen. Ich wünsche mir sehr, dass wir irgendwann an einen Punkt kommen wo Schüler ernst genug genommen werden, um sie tatsächlich nach ihrer Meinung und ihrer Lage zu fragen.

*Ich verwende natürlich nicht die echten Namen. Alles was ich geschrieben habe beruht auf Gesprächen die ich mit betroffenen Personen geführt habe.

 

Mittwoch, 4. März 2015

Lieblingslehrer

Auf Twitter hat das Bundesministerium für Bildung nach unseren Lieblingslehrern gefragt. Da ich sowieso einen Post in diese Richtung verfassen wollte, kommt mir dieser Tweet sehr gelegen.
Ich will ihn zum Anlass nehmen um einmal generell darüber nachzudenken was einen guten Lehrer ausmacht.

Natürlich sind solche Wahrnehmungen sehr subjektiv. Kaum ein Lehrer wird von allen Schülern geliebt, nur wenige von allen gehasst. Trotzdem sind sich bei den meisten Lehrer die Schüler überwiegend einig.

Meine Lieblingslehrerin ist meine ehemalige Deutschlehrerin. Auch wenn sie mich in diesem Schuljahr leider nicht mehr unterrichtet. Was sie ausgemacht hat war weniger ihr Unterricht(obwohl der auch echt nicht schlecht war), sondern viel mehr ihn menschliches Engagement. Meiner Meinung nach spielt es eine sehr große Rolle, wie sehr ein Lehrer bei seinen Schülern ist. Wir Schüler merken sehr schnell, wie viel einem Lehrer an uns liegt. Sitzt er nur seine Stunden ab? Kümmert er sich nur um den Notendurchschnitt? Oder liegen ihm tatsächlich die Menschen hinter den Namen auf der Klassenliste am Herzen?

Es sagt viel über einen Lehrer aus, wenn er auch  nach über einem halben Jahr noch nicht einmal die Namen seiner Schüler kann. Da kommt schon so ein subtiles Gefühl der Gleichgültigkeit bei uns an.
Meine ehemalige Deutschlehrerin, nenne wir sie einmal Frau S., war ganz anders. Sie wollte immer wissen wie es uns geht und hatte auch für unsere gesamtschulische Situation und auch für unsere privaten Probleme immer ein offenes Ohr. Natürlich hat sie sich damit nicht nur Freunde gemacht - manchmal wollte sie zu viel. Hinzu kommt, dass es vielen Schülern unangenehm ist, wenn Lehrer außerhalb der Unterrichtsebene mit ihnen kommunizieren. Wenn Frau S. zum Beispiel nach einer Stunde, in der man besonders still oder grummelig war, auf einen zu kam und gefragt hat was los sei, kam das schon vielen wie ein zu starkes Eindringen in die Privatsphäre, oder den persönlichen Gefühlskosmos vor - weil sie so ein Verhalten von Lehrern einfach nicht kennen.


Wenn ich ehrlich bin, fällt mir sonst kein einziger Lehrer ein, der sich je nach meinem Befinden erkundigt hätte.

Dieses Schuljahr hatte ich eine Phase in der es mit wirklich schlecht ging und ich mich oft zusammen reißen musste um meine Nerven nicht zu verlieren. Was mein Erdkundelehrer dazu zu sagen hatte war folgendes: „Du bist in letzter Zeit öfters nicht so im Unterricht dabei – ich habe das Gefühl, dass du manchmal wo aderst bist. Häng dich wieder bisschen mehr rein, dann kriegst du auch wieder die 14 Punkte in Mündlich“

Ich weiß nicht mal selbst ob ich ihn dafür kritisieren will. Ich hätte mich sicher einerseits komisch gefühlt wenn er mich auf meinen ziemlich beschissenen Zustand angesprochen hätte – andererseits… In unserem Leistungssystem wird nicht nach dem Grund von Schwäche gefragt. Wir sind ein kleiner Kurs, nur 10 Schüler - Erdkunde ist nicht der populärste Leistungskurs. Wenn ein ausgebildeter Pädagoge schon in so einem kleinen Rahmen nicht merkt wenn etwas im Argen liegt, wie soll er dann, bei einer normalen Klassengröße von um die 25 Schüler Probleme wahrnehmen.

Was ist damit sagen will: Die Unterrichtsqualität ist sicher wichtig – aber emotionales Engagement spielt eine mindestens genauso große Rolle.

Ich hatte letztes Jahr einen relativ schlechten Chemielehrer. Er konnte den Stoff einfach nicht strukturiert und systematisch oder verständlich rüberbringen. Fast die ganze Klasse hat sich komplett abhängen lassen. Ich hab mich zwar geärgert, aber es kostet mich keine emotionale Kraft. Es löst nicht diese ohnmächtige Wut in mir aus, wie beispielsweise der Unterricht meines derzeitigen Mathelehrers, dessen Unterricht keinen Deut besser ist. Der Unterschied?

Mein Chemielehrer mochte uns, obwohl er es nicht richtig hinkriegte,bemühte er sich uns etwas beizubringen. Er hatte Humor, er hat unsere Fragen beantwortet, auch wenn wir danach genauso wenig verstanden haben wie vorher. Er kannte unsere Namen, es lag ihm etwas an uns.

Was ich damit sagen will – das Gefühl dem Menschen der dir etwas beibringen soll nicht egal zu sein, ist unbezahlbar. Ist ein Lehrer noch so schlecht, solange er das Gefühl vermitteln kann, dass ihm etwas ans uns als Menschen liegt ist es erträglich.

Was im Schulalltag abgesehen vom allgemeinen Stress am meisten Kraft kostet ist der emotionale Aspekt. Wenn man es auf den Kern reduzieren will könnte man sagen, dass sich kein Mensch wertlos fühlen will. Diese Abwertung, wenn ein Lehrer deine Fragen nicht beantwortet, du es ihm nicht wert bist etwas zweimal zu erklären, er deinen Namen nicht kennt, oder zum Unterricht grundsätzlich mindestens 10 Minuten zu spät komm, sie verletzt. Es sind kleine Verletzungen. Eigentlich würden sie nicht ins Gewicht fallen – aber die Masse macht´s.

Lieblingslehrer sind Lehrer, die uns auf besondere Weise  vermitteln, dass wir ihnen als Menschen am Herzen liegen.

Ich erlebe gerade, wie unsere neue Biolehrerin(unglaublicher Weise eine Referendarin) mir das Fach Bio in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Ich habe Bio bisher immer gehasst – lag wohl daran, dass ich noch NIE eine gute Biolehrerin hatte. Plötzlich ist Bio spannend, es bleibt was hängen. Aus den vergangenen sechs Biostunden habe ich mehr mitgenommen, als aus allen Schuljahren zuvor.

Wir sind ihr die Mühe wert – wir sind es ihr Wert Arbeit zu investieren, uns zu respektieren. Egal wie jung Schüler sind, es gibt keine Entschuldigung, wenn man sie als Menschen nicht respektiert und wertschätzt.

Lieblingslehrer – man könnte sagen wir mögen sie, weil sie uns mögen J
 

Montag, 2. März 2015

Freistunden und Aufenthaltsräume - Kalt, laut, dreckig

In der Oberstufe hat man viele Freistunden. Sehr viele sogar.
Manche einfach auf Grund der gewählten Fächer und auf Grund des Stundenplans - noch mehr wegen ausfallenden Stunden.
In der Mittelstufe noch gehasst, sind Freistunden in der Oberstufe geradezu lebensnotwendig. Wir haben relativ viel Nachmittagsunterricht, nehmen oder geben Nachhilfe und wenn man dann noch mit Bus oder Zug nach Hause fahren muss, bleibt nach der Schule nur noch wenig Zeit fürs Lernen und Hausaufgabenmachen. Freistunden kommen da sehr gelegen - wenn es eine Möglichkeit gäbe in Ruhe zu arbeiten.


In meiner Schule ist die Aula offen gebaut. Das ganze Gebäude ist zweistöckig, aber offen. Im Prinzip ein einziger riesiger Raum, von dem alle Klassenzimmer abgehen. Die Aula, in der wir unsere Freistunden verbringen, ist daher einfach eine freie Fläche mit Stühlen und Tischen, die nach oben über alle Stockwerke offen ist. Am Anfang und am Ende befinden sich die beiden Haupteingänge.
Auch wenn man sich die tatsächliche Situation nicht so genau vorstellen kann, kann man sich die groben Umstände sicher denken. Ein sehr, sehr großer, offener Raum, ohne Heizungen mit hochfrequentierten Eingängen auf beiden Seiten. Genau - schweinekalt.
An den Vormittagen ist es zumindest nur kalt - wobei man, wenn man selbst in Winterjacke und Schal noch friert, nicht besonders gut arbeiten kann. In den Stunden in dehnen die meisten Schüler Mittagspause haben, kommt der krasse Lärmpegel und der Platzmangel hinzu:
Fünft- und Sechstklässler die brüllend und kreischend Fangi mit Abklatschen spielen und das allgemeine Reden und Lachen. Dazu kommt, dass es nicht genügend Tische und Stühle gibt. Meistens stapeln wir unsere Schultaschen in der Tischmitte, und alle die keinen Stuhl mehr abbekommen haben, setzten sich auf die Tischkannten. Wer jetzt noch daran denkt irgendwelche Hausaufgaben zu machen oder Vokabeln zu lernen, kann es gleich vergessen.

Ob es einen Aufenthaltsraum für die Kursstufe gibt? Ja den gibt es. Er ist allerdings mit zehn Schülern schon gut gefüllt, im Prinzip nicht möbliert und komplett versifft.
Einen zweiten Raum, der uns ganz am Anfang des Schuljahres noch zur Verfügung stand ist jetzt wegen Renovierung geschlossen.
Unsere Schulleitung stellt sich das so vor: Ein Raum mit 8 Computerarbeitsplätzen, und vier bis fünf weiteren Arbeitsplätzen, der von den ca. 300 Schülern der Oberstufe(10+K1+K2) genutzt werden soll.(kommt mir bisschen eng vor) Dazu ein Regal mit den wichtigsten Büchern zum nachschlagen und ELTERNAUFSICHT!!!!!!!!!!

Natürlich wurden wir nicht gefragt - ich meine es ist ja auch komplett unlogisch, die Schüler die den Raum nutzten sollen, zu fragen welche Bedürfnisse er erfüllen muss.

Wir brauchen keine 8 Computerarbeitsplätze - unsere Präsentationen und Facharbeiten schreiben wie nie in der Schule. Und wir brachen ganz bestimmt keine Elternaufsicht.(Damit wir keine Bücher klauen)
Was wir wirklich brauchen ist ein Raum der einigermaßen warm und ruhig ist - ausreichen Tische und Stühle reinstellen und schon wären wir wunschlos glücklich und könnten die Freistunden auch wirklich zum arbeiten nutzten.

Aber wie gesagt - uns fragt ja keiner.

Der Raum ist inzwischen fertig umgebaut - ein Schreiner hat in Handarbeit für ein irres Geld die Tische für die Computer und das Bücherregal perfekt eingepasst - es ist nie Geld für irgendwas da, aber wenn man schon mal anfängt welches auszugeben, dann auch so, dass es sich lohnt.
Abgesehen davon, dass ungestörte Unterhaltungen praktisch unmöglich sind, wenn die ganze Zeit ein Erwachsenere mit dabei ist, könnte man die Situation noch hinnehmen, wenn man nur ein ruhiges, warmes Plätzchen hätte - haben wir aber nicht.

Die Computer fehlen - es war zu Beginn der Renovierungsarbeiten noch nicht klar woher die finanziellen Mittel für die Computer kommen sollen und anscheinen war eine Einigung bis heute nicht möglich.

Da wir Schüler überhaupt keinen Wert auf die Computer legen, wären wir super froh, wenn wir den Raum einfach so nutzen könnten - aber Pustekuchen. Es ist bis heute geschlossen und lacht uns mit seinen teuren, perfekt eingepassten, bis heute unbenutzten Tischen aus, wenn wir uns auf den Weg in die kalte, zugige und laute Aula machen.

Herr XY - mein heiß geliebter Deutschlehrer - hat vor ein paar Wochen dann folgende glorreiche Sätze losgelassen:
"Neee - also des kanns doch einfach nicht sein. Ich empfinde es einfach als Zumutung, dass ich nach mehreren Stunden Unterricht noch Aula-Aufsicht habe. Es herrscht ein unzumutbarer Lärmpegel, dafür hat man einfach keinen Nerv - und danach soll man noch unterrichten"
 
ACH WAS!?! Der Lärmpegel ist also eine Zumutung. Er sieht sich nicht im Stande nach einer Stunde in solch einer Atmosphäre noch zu unterrichten. ER hat nur einmal die Woche Aula-Aufsicht. Wir Schüler verbringen alle unsere Mittagspausen und Freistunden in so einer Atmosphäre. Das Lehrerzimmer ist dagegen warm wie ein Backofen - ist wirklich so. An der ganzen Längsseite sind Heizungen angebracht, die auf Hochthuren laufen. Es ist einfach frustrierend - an allen Ecken und Enden kommt man sich als Schüler abgewertet und herabgesetzt vor - alles in allem müssen wir so viele Kleinigkeiten ertragen, dass es einen irgendwann anfrisst.
Besonders frustriert hat mich folgender Dialog mit unserer neuen Rektorin: (Sie machte gerade Unterrichtsbesuche um sich uns allen vorzustellen)

Ich: "Aber Frau Direktorion, wenn der eine Aufenthaltsraum renoviert wird, dann haben wir ja nur noch den kleinen und der ist total versifft und so klein, dass man darin praktisch nicht arbeiten kann"

Frau Direktor: "Ja das ist mir durchaus bewusst. Der Oberstufenraum ist in einem katastrophalen Zustand - aber wir haben im Moment einfach nicht die Mittel etwas zu verändern. Ich habe den Kollegen zuerst ein drittes Kopiergerät versprochen. Das war ein schon lange geäußertes Bedürfnis und das ist jetzt erstmal zuerst dran. Aber ich weis, dass das kein dauerhaft tragbarer Zustand ist."

Da ist sie wieder - die Geisel des deutschen Schulsystems - Geld. Gymnasiallehrer werden mit Prämien und Extrazahlungen an Gemeinschaftsschulen abgeworben, aber es ist kein Geld für Kopierer UND akzeptable Aufenthaltsräume da.

Das Bildung unserem Staat ja ach so wichtig ist, ist ein schlechter Witz. Finanzielle Vernachlässigung und die damit verbundenen personellen Extremsituationen sind die Hauptursache für all die Missstände unter dehnen Schüler wie Lehrer leiden.






 

Sonntag, 1. März 2015

Referendare - ein Leidensbericht


In meinem letzten Post bekamt ihr relativ unkommentiert die Ergüsse meines Deutschlehrers zu lesen (KLICK -zum Nachlesen) . Solche Ausbrüche sind in seinem Unterricht absolut kein Einzelfall, auch wenn sie selten so heftig, sind, dass sie mir noch Monate später im Gedächtnis bleiben. Es ist natürlich klar, dass Herr XY unter gewaltigem Berufsfrust und Resignation leidet - ein Phänomen, dass uns Schülern erschreckend oft begegnet. 
Wir müssen uns mit immer mehr inkompetenten , frustrierten Lehrern herumschlagen. Daher ist Herr XY´s Verhalten nicht sooo außergewöhnlich. Hinzu kommen noch die Horden an Referendaren, die völlig ohne Aufsicht oder Kontrolle auf uns losgelassen werden. 

Letztes Jahr unterrichtete uns ein wirklich grottenschlechter Lateinreferendar. (zusätzlich zu der alptraumhaften Englischreferendarin, dem ängstlichen Politikreferendar und der noch schlimmeren Kurzzeitreferendarin die wir zusätzlich in Latein hatten. Sie war so schrecklich, dass wir uns plötzlich in der völlig unvorstellbaren Situation befanden, uns unseren Langzeit-Referendar zurück zu wünschen.)  Schon nach kurzer Zeit war unserer Klasse klar, dass unser neuer Lehrer in Ausbildung absolut inkompetent war. Wir beschwerten uns bei unserem ehemaligen Lateinlehrer:  

Ich + meine Freundin:

 "Herr Soundso; Herr BlaBlaBla den wir als Referendar in Latein haben - Wir haben einfach das Gefühl, dass er ein schlechter Lehrer ist und uns überhaupt nichts beibringt und wir haben Angst, dass wir nichts lernen und Latein dann in der Kursstufe nicht wählen können." (haben wir dann trotzdem gemacht – obwohl wir erstmal ganz schöne Lücken auffüllen mussten) 

Herr Soundso:

"Ja das kann schon sein. Das ist sogar ziemlich wahrscheinlich so. Aber da kann ich jetzt natürlich auch nichts machen. Ich kann höchstens versuchen ihn mal darauf anzusprechen." 

Das wirklich kranke an der Situation ist aber, dass er es mit 4,0 nur mit ach und krach durch die Lehrprobe schaffte. Er sagte uns selbst, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ihn irgendeine Schule mit solch einer Note einstellt, da freie Lehrerstellen natürlich an den Referendar mit der besten Note vergeben werden. ALSO: Nur nochmal zum Realisieren: Ein Referendar, der so schlecht ist, dass ihn keine Schule als Lehrer einstellen würde, wird trotzdem erstmal ein Jahr ohne jegliche Kontrolle auf eine 10. Klasse losgelassen!!!!!!! 

Falls diese Situation ein Einzelfall gewesen wäre, würde ich mich vielleicht nicht so ärgern. Aber besonders in den letzten drei Jahren hatte ich so viele Referendare, die alle dauerhaft unterrichtet haben - und sie alle waren wirklich traurige Jammergestalten. Inkompetent, ängstlich, unsicher und um das auszugleichen meistens noch ziemlich aggressiv. Irgendwann ist es einfach genug. 

Ab einem gewissen Punkt hat selbst der desinteressiertestes Letzebankschläfer die Nase voll. Will heißen: Wir beschwerten uns alle bei unserer Klassenlehrerin. Sie zeigte viel Verständnis und meinte, sie fände es auch unmöglich wie viele Referendare auf uns losgelassen werden. Ändern konnte sie an der Situation natürlich trotzdem nichts. Angelblich liegt es daran, dass Referendare eine Oberstufenklasse unterrichten müssen, in den abiturrelevanten Jahren der Kursstufe aber nicht zugelassen sind. Da bleibt halt nur noch die zehnte Klasse.

Leider wurde jede Hoffnung auf eine Referendarfreie Kursstufe zerstört. Letztens hat unser Mathelehrer in den entscheidenden zwei Wochen vor der Klausur (so heißen Klassenarbeiten in der Kursstufe) eine wirklich ganz schreckliche Frau auf uns losgelassen. Ich sage nur so viel: Sie war eines dieser ängstlich, überfordert-aggressiven Exemplaren, die von uns Schülern wegen ihrem labilen, unkalkulierbaren Verhalten besonders gefürchtet werden. Verstanden haben wir bei ihr natürlich auch nichts, und die Arbeit mit einem Schnitt von 4,8 Punkten (entspricht der Note 4 - ) kollektiv in den Sand gesetzt. 

Als Schüler weiß man spätestens beim dritten oder vierten Exemplar dieser Sorte, dass Winderstand zwecklos ist. Alles was gegen den völlig resignierten und verzweifelten Nervenzusammenbruch hilft ist abschalten und verdrängen. 

Wenn all das irgendwann nicht mehr hilft und dein gesamter Freundeskreis schon genauso abgestumpft und genervt ist wie du selbst und deine Eltern die endlosen immer gleichen Geschichten von schlechtem Unterricht, völlig irrwitzig gestalteten Klassenarbeiten und pädagogischer Überforderung nicht mehr hören können, dann kann man es auch aufschreiben und ins Internet stellen.
In der Hoffnung, dass in der Diskussion um unser Bildungssystem endlich auch mal die Frage nach der tatsächlichen Situation der Schüler gestellt wird.