Mittwoch, 4. März 2015

Lieblingslehrer

Auf Twitter hat das Bundesministerium für Bildung nach unseren Lieblingslehrern gefragt. Da ich sowieso einen Post in diese Richtung verfassen wollte, kommt mir dieser Tweet sehr gelegen.
Ich will ihn zum Anlass nehmen um einmal generell darüber nachzudenken was einen guten Lehrer ausmacht.

Natürlich sind solche Wahrnehmungen sehr subjektiv. Kaum ein Lehrer wird von allen Schülern geliebt, nur wenige von allen gehasst. Trotzdem sind sich bei den meisten Lehrer die Schüler überwiegend einig.

Meine Lieblingslehrerin ist meine ehemalige Deutschlehrerin. Auch wenn sie mich in diesem Schuljahr leider nicht mehr unterrichtet. Was sie ausgemacht hat war weniger ihr Unterricht(obwohl der auch echt nicht schlecht war), sondern viel mehr ihn menschliches Engagement. Meiner Meinung nach spielt es eine sehr große Rolle, wie sehr ein Lehrer bei seinen Schülern ist. Wir Schüler merken sehr schnell, wie viel einem Lehrer an uns liegt. Sitzt er nur seine Stunden ab? Kümmert er sich nur um den Notendurchschnitt? Oder liegen ihm tatsächlich die Menschen hinter den Namen auf der Klassenliste am Herzen?

Es sagt viel über einen Lehrer aus, wenn er auch  nach über einem halben Jahr noch nicht einmal die Namen seiner Schüler kann. Da kommt schon so ein subtiles Gefühl der Gleichgültigkeit bei uns an.
Meine ehemalige Deutschlehrerin, nenne wir sie einmal Frau S., war ganz anders. Sie wollte immer wissen wie es uns geht und hatte auch für unsere gesamtschulische Situation und auch für unsere privaten Probleme immer ein offenes Ohr. Natürlich hat sie sich damit nicht nur Freunde gemacht - manchmal wollte sie zu viel. Hinzu kommt, dass es vielen Schülern unangenehm ist, wenn Lehrer außerhalb der Unterrichtsebene mit ihnen kommunizieren. Wenn Frau S. zum Beispiel nach einer Stunde, in der man besonders still oder grummelig war, auf einen zu kam und gefragt hat was los sei, kam das schon vielen wie ein zu starkes Eindringen in die Privatsphäre, oder den persönlichen Gefühlskosmos vor - weil sie so ein Verhalten von Lehrern einfach nicht kennen.


Wenn ich ehrlich bin, fällt mir sonst kein einziger Lehrer ein, der sich je nach meinem Befinden erkundigt hätte.

Dieses Schuljahr hatte ich eine Phase in der es mit wirklich schlecht ging und ich mich oft zusammen reißen musste um meine Nerven nicht zu verlieren. Was mein Erdkundelehrer dazu zu sagen hatte war folgendes: „Du bist in letzter Zeit öfters nicht so im Unterricht dabei – ich habe das Gefühl, dass du manchmal wo aderst bist. Häng dich wieder bisschen mehr rein, dann kriegst du auch wieder die 14 Punkte in Mündlich“

Ich weiß nicht mal selbst ob ich ihn dafür kritisieren will. Ich hätte mich sicher einerseits komisch gefühlt wenn er mich auf meinen ziemlich beschissenen Zustand angesprochen hätte – andererseits… In unserem Leistungssystem wird nicht nach dem Grund von Schwäche gefragt. Wir sind ein kleiner Kurs, nur 10 Schüler - Erdkunde ist nicht der populärste Leistungskurs. Wenn ein ausgebildeter Pädagoge schon in so einem kleinen Rahmen nicht merkt wenn etwas im Argen liegt, wie soll er dann, bei einer normalen Klassengröße von um die 25 Schüler Probleme wahrnehmen.

Was ist damit sagen will: Die Unterrichtsqualität ist sicher wichtig – aber emotionales Engagement spielt eine mindestens genauso große Rolle.

Ich hatte letztes Jahr einen relativ schlechten Chemielehrer. Er konnte den Stoff einfach nicht strukturiert und systematisch oder verständlich rüberbringen. Fast die ganze Klasse hat sich komplett abhängen lassen. Ich hab mich zwar geärgert, aber es kostet mich keine emotionale Kraft. Es löst nicht diese ohnmächtige Wut in mir aus, wie beispielsweise der Unterricht meines derzeitigen Mathelehrers, dessen Unterricht keinen Deut besser ist. Der Unterschied?

Mein Chemielehrer mochte uns, obwohl er es nicht richtig hinkriegte,bemühte er sich uns etwas beizubringen. Er hatte Humor, er hat unsere Fragen beantwortet, auch wenn wir danach genauso wenig verstanden haben wie vorher. Er kannte unsere Namen, es lag ihm etwas an uns.

Was ich damit sagen will – das Gefühl dem Menschen der dir etwas beibringen soll nicht egal zu sein, ist unbezahlbar. Ist ein Lehrer noch so schlecht, solange er das Gefühl vermitteln kann, dass ihm etwas ans uns als Menschen liegt ist es erträglich.

Was im Schulalltag abgesehen vom allgemeinen Stress am meisten Kraft kostet ist der emotionale Aspekt. Wenn man es auf den Kern reduzieren will könnte man sagen, dass sich kein Mensch wertlos fühlen will. Diese Abwertung, wenn ein Lehrer deine Fragen nicht beantwortet, du es ihm nicht wert bist etwas zweimal zu erklären, er deinen Namen nicht kennt, oder zum Unterricht grundsätzlich mindestens 10 Minuten zu spät komm, sie verletzt. Es sind kleine Verletzungen. Eigentlich würden sie nicht ins Gewicht fallen – aber die Masse macht´s.

Lieblingslehrer sind Lehrer, die uns auf besondere Weise  vermitteln, dass wir ihnen als Menschen am Herzen liegen.

Ich erlebe gerade, wie unsere neue Biolehrerin(unglaublicher Weise eine Referendarin) mir das Fach Bio in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Ich habe Bio bisher immer gehasst – lag wohl daran, dass ich noch NIE eine gute Biolehrerin hatte. Plötzlich ist Bio spannend, es bleibt was hängen. Aus den vergangenen sechs Biostunden habe ich mehr mitgenommen, als aus allen Schuljahren zuvor.

Wir sind ihr die Mühe wert – wir sind es ihr Wert Arbeit zu investieren, uns zu respektieren. Egal wie jung Schüler sind, es gibt keine Entschuldigung, wenn man sie als Menschen nicht respektiert und wertschätzt.

Lieblingslehrer – man könnte sagen wir mögen sie, weil sie uns mögen J
 

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