Montag, 2. März 2015

Freistunden und Aufenthaltsräume - Kalt, laut, dreckig

In der Oberstufe hat man viele Freistunden. Sehr viele sogar.
Manche einfach auf Grund der gewählten Fächer und auf Grund des Stundenplans - noch mehr wegen ausfallenden Stunden.
In der Mittelstufe noch gehasst, sind Freistunden in der Oberstufe geradezu lebensnotwendig. Wir haben relativ viel Nachmittagsunterricht, nehmen oder geben Nachhilfe und wenn man dann noch mit Bus oder Zug nach Hause fahren muss, bleibt nach der Schule nur noch wenig Zeit fürs Lernen und Hausaufgabenmachen. Freistunden kommen da sehr gelegen - wenn es eine Möglichkeit gäbe in Ruhe zu arbeiten.


In meiner Schule ist die Aula offen gebaut. Das ganze Gebäude ist zweistöckig, aber offen. Im Prinzip ein einziger riesiger Raum, von dem alle Klassenzimmer abgehen. Die Aula, in der wir unsere Freistunden verbringen, ist daher einfach eine freie Fläche mit Stühlen und Tischen, die nach oben über alle Stockwerke offen ist. Am Anfang und am Ende befinden sich die beiden Haupteingänge.
Auch wenn man sich die tatsächliche Situation nicht so genau vorstellen kann, kann man sich die groben Umstände sicher denken. Ein sehr, sehr großer, offener Raum, ohne Heizungen mit hochfrequentierten Eingängen auf beiden Seiten. Genau - schweinekalt.
An den Vormittagen ist es zumindest nur kalt - wobei man, wenn man selbst in Winterjacke und Schal noch friert, nicht besonders gut arbeiten kann. In den Stunden in dehnen die meisten Schüler Mittagspause haben, kommt der krasse Lärmpegel und der Platzmangel hinzu:
Fünft- und Sechstklässler die brüllend und kreischend Fangi mit Abklatschen spielen und das allgemeine Reden und Lachen. Dazu kommt, dass es nicht genügend Tische und Stühle gibt. Meistens stapeln wir unsere Schultaschen in der Tischmitte, und alle die keinen Stuhl mehr abbekommen haben, setzten sich auf die Tischkannten. Wer jetzt noch daran denkt irgendwelche Hausaufgaben zu machen oder Vokabeln zu lernen, kann es gleich vergessen.

Ob es einen Aufenthaltsraum für die Kursstufe gibt? Ja den gibt es. Er ist allerdings mit zehn Schülern schon gut gefüllt, im Prinzip nicht möbliert und komplett versifft.
Einen zweiten Raum, der uns ganz am Anfang des Schuljahres noch zur Verfügung stand ist jetzt wegen Renovierung geschlossen.
Unsere Schulleitung stellt sich das so vor: Ein Raum mit 8 Computerarbeitsplätzen, und vier bis fünf weiteren Arbeitsplätzen, der von den ca. 300 Schülern der Oberstufe(10+K1+K2) genutzt werden soll.(kommt mir bisschen eng vor) Dazu ein Regal mit den wichtigsten Büchern zum nachschlagen und ELTERNAUFSICHT!!!!!!!!!!

Natürlich wurden wir nicht gefragt - ich meine es ist ja auch komplett unlogisch, die Schüler die den Raum nutzten sollen, zu fragen welche Bedürfnisse er erfüllen muss.

Wir brauchen keine 8 Computerarbeitsplätze - unsere Präsentationen und Facharbeiten schreiben wie nie in der Schule. Und wir brachen ganz bestimmt keine Elternaufsicht.(Damit wir keine Bücher klauen)
Was wir wirklich brauchen ist ein Raum der einigermaßen warm und ruhig ist - ausreichen Tische und Stühle reinstellen und schon wären wir wunschlos glücklich und könnten die Freistunden auch wirklich zum arbeiten nutzten.

Aber wie gesagt - uns fragt ja keiner.

Der Raum ist inzwischen fertig umgebaut - ein Schreiner hat in Handarbeit für ein irres Geld die Tische für die Computer und das Bücherregal perfekt eingepasst - es ist nie Geld für irgendwas da, aber wenn man schon mal anfängt welches auszugeben, dann auch so, dass es sich lohnt.
Abgesehen davon, dass ungestörte Unterhaltungen praktisch unmöglich sind, wenn die ganze Zeit ein Erwachsenere mit dabei ist, könnte man die Situation noch hinnehmen, wenn man nur ein ruhiges, warmes Plätzchen hätte - haben wir aber nicht.

Die Computer fehlen - es war zu Beginn der Renovierungsarbeiten noch nicht klar woher die finanziellen Mittel für die Computer kommen sollen und anscheinen war eine Einigung bis heute nicht möglich.

Da wir Schüler überhaupt keinen Wert auf die Computer legen, wären wir super froh, wenn wir den Raum einfach so nutzen könnten - aber Pustekuchen. Es ist bis heute geschlossen und lacht uns mit seinen teuren, perfekt eingepassten, bis heute unbenutzten Tischen aus, wenn wir uns auf den Weg in die kalte, zugige und laute Aula machen.

Herr XY - mein heiß geliebter Deutschlehrer - hat vor ein paar Wochen dann folgende glorreiche Sätze losgelassen:
"Neee - also des kanns doch einfach nicht sein. Ich empfinde es einfach als Zumutung, dass ich nach mehreren Stunden Unterricht noch Aula-Aufsicht habe. Es herrscht ein unzumutbarer Lärmpegel, dafür hat man einfach keinen Nerv - und danach soll man noch unterrichten"
 
ACH WAS!?! Der Lärmpegel ist also eine Zumutung. Er sieht sich nicht im Stande nach einer Stunde in solch einer Atmosphäre noch zu unterrichten. ER hat nur einmal die Woche Aula-Aufsicht. Wir Schüler verbringen alle unsere Mittagspausen und Freistunden in so einer Atmosphäre. Das Lehrerzimmer ist dagegen warm wie ein Backofen - ist wirklich so. An der ganzen Längsseite sind Heizungen angebracht, die auf Hochthuren laufen. Es ist einfach frustrierend - an allen Ecken und Enden kommt man sich als Schüler abgewertet und herabgesetzt vor - alles in allem müssen wir so viele Kleinigkeiten ertragen, dass es einen irgendwann anfrisst.
Besonders frustriert hat mich folgender Dialog mit unserer neuen Rektorin: (Sie machte gerade Unterrichtsbesuche um sich uns allen vorzustellen)

Ich: "Aber Frau Direktorion, wenn der eine Aufenthaltsraum renoviert wird, dann haben wir ja nur noch den kleinen und der ist total versifft und so klein, dass man darin praktisch nicht arbeiten kann"

Frau Direktor: "Ja das ist mir durchaus bewusst. Der Oberstufenraum ist in einem katastrophalen Zustand - aber wir haben im Moment einfach nicht die Mittel etwas zu verändern. Ich habe den Kollegen zuerst ein drittes Kopiergerät versprochen. Das war ein schon lange geäußertes Bedürfnis und das ist jetzt erstmal zuerst dran. Aber ich weis, dass das kein dauerhaft tragbarer Zustand ist."

Da ist sie wieder - die Geisel des deutschen Schulsystems - Geld. Gymnasiallehrer werden mit Prämien und Extrazahlungen an Gemeinschaftsschulen abgeworben, aber es ist kein Geld für Kopierer UND akzeptable Aufenthaltsräume da.

Das Bildung unserem Staat ja ach so wichtig ist, ist ein schlechter Witz. Finanzielle Vernachlässigung und die damit verbundenen personellen Extremsituationen sind die Hauptursache für all die Missstände unter dehnen Schüler wie Lehrer leiden.






 

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